OFFENER BRIEF AN DEN OBERBÜRGERMEISTER UND DEN GEMEINDERAT DER STADT KONSTANZ
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Burchardt,
sehr geehrte Mitglieder des Kulturausschusses,
sehr geehrte Mitglieder im Gemeinderat der Stadt Konstanz,
mit Bestürzung haben wir in der Bühnengewerkschaft GDBA (Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger) von Ihren Plänen erfahren, die Zuschüsse für das Theater Konstanz drastisch zu reduzieren und die Spielstätte „Werkstatt“ zu schließen.
Eine Kürzung um 20% ist für das Theater Konstanz und die Künstler:innen, die dort arbeiten, existenzbedrohend. Sie sind diejenigen, die seit Jahren dafür sorgen, dass durch einen lebendigen und vielfältigen Spielplan wichtige kulturelle Impulse in die Stadtgesellschaft getragen werden. Gleichzeitig arbeiten gerade die künstlerisch Beschäftigten auf Grundlage äußerst unsicherer Verträge und werden nun durch Ihre kurzsichtigen Pläne in ihrer beruflichen Existenz bedroht. Kürzungen in Kultureinrichtungen treffen immer zuerst den künstlerischen Etat und schädigen die Theater damit nachhaltig.
Wir kennen die finanziellen Sorgen und Nöte Ihrer Kommune nicht genau. Was wir aber wissen, ist dass jeder Euro, der in die Kultur investiert wird, auch wieder in die Stadt zurückfließt. Auch und gerade eine Stadt wie Konstanz mit attraktiver Lage am Bodensee würde ohne das Theater verarmen und an Anziehungskraft verlieren.
Noch viel wichtiger: Das Theater hat eine entscheidende Rolle in der politischen Auseinandersetzung, in der Vermittlung von Bildung und Sichtbarkeit und ist nicht zuletzt ein demokratischer Ort, wo Meinungsvielfalt sowie Integration verschiedener Lebensformen sinnlich erfahren werden können.
Wir leben leider in Zeiten, in denen rechtsnationale und populistische Kräfte auf vielen Ebenen versuchen, die Gesellschaft zu unterwandern, zu spalten und den politischen Diskurs zu verschieben. Dem müssen wir uns als Gesellschaft mit vereinten Kräften entgegenstellen. Die Theater sind unverzichtbare Orte, in denen die Demokratie gestärkt wird und in denen die Bürger:innen von den Jüngsten bis zu den Ältesten erfahren, dass die Welt größer ist als der Radius des eigenen Tellerrands. Dieser kulturelle Auftrag, dem das Theater Konstanz in hervorragender Weise nachkommt, war immer wichtig. Heute ist er unerlässlich geworden.
Wir möchten Sie daher dringend darum bitten, Ihre Pläne noch einmal zu überdenken und ein Zeichen zu setzen. Verhindern Sie, dass eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt wird, deren Folgen sich nur erahnen lassen und die Sie irgendwann nicht mehr stoppen können. Jetzt haben Sie die Chance dazu. Nehmen Sie Abstand von diesen Kürzungsplänen. Für die Kunst. Für das Theater. Für die Demokratie. Für Konstanz und die Menschen, die dort leben.
Mit freundlichen Grüßen
Raphael Westermeier
Stellvertreter der Präsidentin für die GDBA